Internet-Kaufhäuser und Online-Saftläden

Ausnahmsweise mal ein Hoch der Deutschen Telekom, die aus einfachen T-Onlinern jetzt richtige Internet-Verleger machen will. Ab sofort kann jeder der 1,2 Millionen Teilnehmer am früheren Btx-System seine persönliche „Homepage“ kostenlos ins Net einrücken lassen, komplett mit Bildern vom Urlaub, Hobbyliste, Pfotenabdruck vom Haushund oder was auch immer. Gnade uns Gotte vor dem neuen Datenstau, der da auf uns zukommt.

Was aber in der Diskussion bislang völlig unterging ist die Frage: Kann ich als Gewerbetreibender auch eine kostenlose Online-Filiale eröffnen. „Natürlich“, sagte mir Telekom-Bereichsleiter Eric Danke. Einzige Beschränkung: Die HTML-Datei darf nicht größer sein als ein Megabyte. „Einen Cyber-Supermarkt können Sie damit nicht aufmachen“, meinte Danke, „aber vielleicht einen schnuckeligen kleinen Tante-Emma-Laden.

Auch die deutsche Möbelindustrie scheint ganz schön auf Zack zu sein. 22 der größten Hersteller haben sich zu einem Verein „BüroOnline“ zusammengefunden und wollen eine gemeinsame Internet-Datenbank auf die Beine stellen. Enthalten sein sollen alle Bestelldaten, Maße, Modelle, Farben und Muster. Der Kunde kann daheim oder im Geschäft am Bildschirm „sein“ Sofa aussuchen, vergleichen und per Mausklick zum Beispiel mal sehen, wie das gute Stück mit einem anderen Bezug aussehen würde. Der Händler kann per Online-PC sogar noch tiefer in die Datenbank einsteigen und dort richtige Bestellungen abgeben.

„Das größte Problem unserer Branche sind Reklamationen aufgrund von fehlerhaften Bestellungen, weil der Händler sich vertippt hat oder einen alten Katalog hat“, sagte mir Klaus Winter von MöbelOnline. Die Industrie verliert dadurch im Jahr Milliarden. Das soll jetzt anders werden ­- dank Internet.

Einen rechten Saftladen scheint sich dagegen der Discounter Metro eingehandelt zu haben bei dem Versuch, sich als Internet-Provider zu profilieren. Über die Läden der Schwesterfirma Vobis werden gerade CD-ROMs von „Metronet“ verteilt, die Internet-Zugang für sagenhafte 9,99 Mark im Monat versprechen. In den Diskussionsforen wie de.comm.internet.zugang, wo sich die armen Metronet-Kunden ausheulen, wird aber nur über miese Anbindungs-Qualität geschimpft: reihenweise Login-Fehler, tagelang im Cyberspace herumirrende E-Mails, völlig überlastete Einwahlknoten. „Installation und Anmeldung sind ein Horror“, schrieb ein Anwender. Wer es dann endlich schafft, ins Net zu kommen, findet es, wie ein anderer Teilnehmer den Kollegen zur Warnung schrieb, „alles extrem lahmarschig.“ Merke: Internet läßt sich nicht wie Waschmittel, Wurst und Webwaren auf der grünen Wiese verhökern.

Ganz auf Qualität setzt dagegen Ragnar Nilsson, Direktor der Karstadt-Gruppe. Der Multimedia-Fan will über 100 Karstadt- und Hertie-Filialen mit sogenannten Cyberbars ausstatten, in denen Besucher für ein paar Mark Mietgebühr an den aufgestellten PC surfen und beim Einkaufsbummel zwischendurch seine elektronische Post erledigen kann. Sein nächstes Online-Projekt hat Nilsson auch schon auf die Rampe geschoben. „Wir werden im Oktober das erste virtuelle Warenhaus Deutschlands eröffnen“, verriet er mir.

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