Beim MG hört für mich der Spaß auf!

Männerspielzeug…

Nix im Fernsehn? Kein Brutalo-Action-Thriller, wo das Blut alle fünf Minuten auf die Kameralinse spritzt? Das ist der Moment, wo man sich nach Las Vegas wünscht, die mitten in die Wüste geklatschte Virtual Reality Show, in der Träume aller Art wahr werden.

Zum Beispiel den, mal mit einer richtigen Uzzi zu schießen, eine M60 oder, wenn man mehr Nostalgiker ist, eine gute alte Thompson, so wie  Clyde Barrow sie am liebsten verwendete, während seine hübsche Bonny die Kassen der Bank ausräumte. Alles für rund $400 zu haben bei MGV, der endgültigen Schießbude für Erwachsene und solche die sich dafür halten. Es liegt in einer kleinen Seitenstraße an Rande der Freeway, direkt hinter dem „Adult Superstore“, wo es Männerspielzeuge der etwas anderen Art gibt. Oder vielleicht doch nicht so ganz anders, denn auch da wimmelt es nur so vor Phallussymbole.

Bevor wir jetzt den Moralischen raushängen und erste Steine werfen, möchte ich doch auf das Angebot des Müller Schießzentrums in Ulm hinweisen, auf das mein Freund Fritz, neuerdings wieder als passionierter Jäger unterwegs, mich hinweist. Am MSZU, dem größten überdachten Schießzentrum Europas, können auch Anfänger ab 21 Jahren ganz ohne Waffenschein auf Tontauben in den Olympischen Disziplinen Skeet, Trap oder Doppeltrap ballern, und zwar ohne „störende Umwelteinflüsse“, und vermutlich auch ohne Gefahr für Leib und Leben anderer.

Die Anlage wurde von Reinhard Müller, dem Sohn des „Drogeriekönigs“ Erwin Müller, auf einem ehemaligen Rasthofgelände neben der Stuttgarter Autobahn errichtet und besteht aus einer 3000 Quadratmeter und 22 Meter hohe Halle mit insgesamt 26 Wurfautomaten, Schießkino und im Keller noch eine 100-Meter-Schießbahn, in denen man auf Kipphasen anlegen kann.

Angeblich genießt das MSZU in der Nachbarschaft große Beliebtheit. Zum „1. Ulmer Shooting Day“ kamen vor einigen Jahren Hunderte von Menschen, um die „große Schießspaßveranstaltung für die ganze Familie“ zu erleben. Nur der Reporter der örtlichen Südwest Presse musste draußen bleiben. Den Kollegen hatte der Besitzer Hausverbot erteilt, weil sie nach dem Amoklauf von Winnenden Negatives über den Schießsport im Allgemeinen und das MSZU im Besonderen geschrieben hatten.

In meiner eigenen Brust pochen, ach, zwei Herzen. Das eine gehört dem Amerikaner, der in einer Welt aufwuchs, in der Waffen zum Alltag gehörten und jeder Knabe den Tag herbeisehnte, an dem ihm sein Vater seine erste „22“ schenkte und er damit den ersten Schritt in Richtung Mannwerdung nehmen konnte. Ich lebe aber seit über 40 Jahren in einem Land, Deutschland, in dem alles, was mit Schießen zu tun hat, sofort schlimme Assoziationen mit Militarismus, Angriffskrieg und Nazigäuel auslöst.

Fritz hat mich neulich mitgenommen auf die Olympia-Schießanlage in München-Hochbrück, wo wir bei klirrender Kälte und unter fachkundiger Anleitung einen Nachmittag lang versucht haben, hilflose Tontauben zu erlegen, was uns mehr oder weniger häufig gelang. So eine Flinte hat etwas Anmutiges, geradezu Ästhetisches an sich, mit den liebevollen Gravuren am Lauf und dem feingemaserten Schaft, an dem man seine Wange schmiegt und mit klopfendem Herzen auf das gebellte Kommando „Pull!“ wartet. Ja, es hat am anderen Ende zwei Löcher, aus denen Blei und Pulverdampf herausquillt, aber selbst das hat etwas Antiquarisches an sich, so ganz anders als das metallerne Hämmern eines Maschinengewehrs, das im Vergleich zum Schrotgewehr wie ein mechanistischer Todesautomat wirkt.

Ich habe deshalb mit meinem Gewissen einen vielleicht opportunistischen Kompromiß geschlossen: Flinte ja, Uzi nein. Das ist für mich die Grenze, an der der Spaß aufhört. Sie mögen anderer Meinung sein. Ist okay.

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