
Akio Morita und Herbert von Karajan bei der Weltvorstellung der Audio-CD (Siegfried Lauterwasser, Karajan®-Fotoarchiv)
Das ist mal wieder so eine der Art von Quora-Fragen, die ich liebe! „War Herbert von Karajan wirklich so gut wie alle sagen?“
Nun, über ihn als Dirigenten kann ich nicht viel sagen, außer dass er vergleichsweise schnell, um nicht zu sagen hastig dirigierte. Ich habe mal für die Zeitschrift Audio einen Vergleich zwischen vier verschiedenen Neuerscheinungen der 1812-Ouvertüre geschrieben und dabei festgestellt, dass er längst fertig war, wenn bei den anderen erst das Kanonendonner einsetzte – aber ich bin nicht wirklich qualifiziert zu beurteilen, ob das gut war oder nicht.
Was ich aber genau weiß, ist das Karajans Ruf als bärbeißiger Alter völlig falsch und aufgesetzt war, denn ich habe ihn als netten älteren Salzburger kennengelernt, der ausgesprochen höflich und liebeswürdig war.
Unsere Begegnung fand am Rande der Salzburger Osterfestspiele im April 1981 statt. Ich hatte bis ein Jahr zuvor noch als Chef der Hifi-Zeitschrift stereoplay gearbeitet und schlug mich inzwischen als freier Journalist durch. In diesem Jahr war die Musik-CD marktreif geworden, von der alle wussten, dass sie die Langspielplatte bald ablösen würde.
Die Entwicklung hatte sich etwas länger hingezogen, als wir alle dachten. Schon 1969 hatte der holländische Physiker Klaas Compaan von Philips die Verwendung optischer Aufzeichnung für Bild und Ton vorgeschlagen. Aber die Philips-Techniker bekamen Schwierigkeiten mit der Digitalisierung, die für sie damals noch Neuland war. Sony war da schon sehr viel weiter, hatten schon 1977 mit dem Sony PCM-1 den ersten Digitalrekorder vorgestellt, der in der Lage war, linear 16-Bit Analog-zu-Digital und Digital-zu-Analog zu wandeln. Obwohl Philips und Sony im Markt erbitterte Feinde waren, haben sie sich irgendwann zusammengetan und die Musik-CD gemeinsam zu Ende entwickelt.
Als es aber dran ging, das neue System der staunenden Weltöffentlichkeit zu präsentieren, gab es bald erbitterte Grabenkämpfe, in die sich auch die Firma Phonogram einmischte, die aus der 1968 von Philips gegründeten Schallplattenfirma Phonogram Tongesellschaft mbH hervorging und zur PolyGram-Holding gehörte, zu den auch der Lable Deutsche Grammophon zählte. Es ging um die Frage, wo diese Weltpremiere denn sattfinden und wer sie organisieren sollte. „Selbstverständlich in Eindhoven“, sagten die Philips-Leute, „und unsere Presseabteilung macht das schon. „Moment mal, sagte Sony, „wir sind für Tokio, und selbstverständlich werden unsere PR-Leute das erledigen.
Das Einzige, auf das man sich schließlich einigen konnte, war sich an Herbert von Karajan zu wenden und ihn zu bitten, die drei Firmen einzuladen, ihre Weltneuheit am Rande seiner Osterfestspiele in Salzburg zu präsentieren.
Das Hickhack um die Organisation ging aber monatelang hin und her, bis eines Tages bei mir in Stuttgart das Telefon klingelte. Peter Hoenisch, der legendäre Pressechef von Sony Deutschland, war dran. „Tim, du musst das übernehmen“, sagte er, „denn wir brauchen jemanden, der völlig neutral ist.“
„Klar, kann ich machen“, antwortete ich, noch nicht ahnend, dass es der größte und wichtigste Auftrag meiner noch jungen Karriere als freischaffender Journalist werden würde. Weiterlesen