Unentschieden im Morgengrauen

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Ich habe mir heute zum zweiten Mal in diesem Jahr kurz nach Mitternacht den Wecker gestellt, um ein amerikanisches Großereignis im Fernsehen anzuschauen, Das erst Mal war Super Bowl 50 im Februar, jetzt war es die Debatte zwischen Hillary und The Donald. Beide Sendungen haben angeblich mehr als 100 Millionen Zuschauer gehabt, aber der Sieg der Denver Broncos war deutlich spannender.

Frau Clinton mit ihrem festgeklebten Lächeln und Trump mit seinem halbkohärenten Gepoltere haben gewohntes Spielniveau gezeigt: Sie die geduldige, unermüdliche Mittelfeldspielerin, die auf den Punkt vorbereitet ist und jeden Spielzug sorgfältig eingeübt hat, er der zornige, aber inzwischen in die Jahre gekommene Bullenstürmer, der gewohnt ist, seine Angriffe stets aus dem Stehgreif zu improvisieren  und sich inzwischen selbst zu wundern scheint, dass die Kraft nicht mehr für zweimal 45 Minuten reicht.

Für mich war es ein klares Unentschieden. Clinton hat ihren Stammwählern bewiesen, dass sie das Spiel kontrollieren kann, aber ab und zu mit einem genialen Einfall das Spiel eine neue Wende geben kann. Trump-Anhänger bekamen ihr gewohntes Bild eines Rowdys, der alles niederwälzt und niederbrüllt , was sich ihm in den Weg stellt. Es war wie Ribery gegen Balotelli, um ein Bild aus der europäischen Variante des Fußballs zu borgen.

Ansonsten hat das Spiel nur das bestätigt, was jeder vorher wusste: Clintons Selbstbeherrschung übersteigt das normale Menschenmaß, und das gibt ihr etwas Roboterhaftes. Trump dagegen kommt als Rüpel rüber, als der New Yorker Prolet, der er auch im wirklichen Leben ist. Beide sind also ausgeglichen, die Debatte war ein klares Remis. Dafür hätte ich eigentlich nicht um drei Uhr morgens aufstehen müssen.

Was mir im Laufe von 90 Minuten aber zunehmend klarer wurde war, dass die Meisterschaft nach völlig offen ist. Und am Ende werden nicht diejenigen entscheiden, die heute Nacht in ihrer Meinung bestätigt worden sind, sondern die vielen Millionen, die sich sonst nie ein Fußballspiel, beziehungsweise eine Präsidentschaftsdebatte anschauen und deshalb noch gar nicht wissen, wohin sie ihr Kreuzchen machen sollen.

Eines wird aber zunehmend klarer: Es wird eng werden bis zum Abpfiff im November. Und es wird immer wahrscheinlicher, dass Trump das Spiel nicht gewinnen kann – aber Clinton sie verlieren. Vom Ausgang des Spiels hängt aber nicht nur Amerikas Zukunft ab, sondern unser aller.

 

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