Von einem der auszog, in Österreich ein Härtefall zu werden

Es klang ja hoffnungsvoll: Österreich wird den Freien und Selbständigen, denen dank Corona das Geschäft über Nacht weggebrochen ist, finanziell unter die Arme greifen, kurzfrisitig und unbürokratisch. Im Wege des so genannten Härtefall-Fonds sollen Mitglieder Freier Berufe (z.B. im Gesundheitsbereich), Ein-Personen- und Kleinstunternehmer mit weniger als 10 Beschäftigen, so genannte „Neue Selbständige“ wie Journalisten, Vortragende, Künstler  und Psychotherapeuten sowie Freie Dienstnehmer wie EDV-Spezialisten oder Nachhilfelehre einen Zuschuss bekommen, der von der Wirtschaftskammer (WKÖ) ausbezahlt werden soll – auch wenn sie keine Kammermitglieder sind.

Nun muss man dazu wissen, dass gerade solche Freiberufler in Österreich mit am härtesten betroffen sind, weil es bei ihnen kein Arbeitslosengeld wie bei Angestellten gibt. Von heute auf morgen brechen die Einnahmen weg, weil Aufträge storniert und Veranstaltungen abgesagt werden, die für sie den Löwenanteil ihrer Einkommen ausmachen.

Über Nacht entstand also auf der WKÖ-Homepage ein Portal, wo man nur auf einen Online-Knopf zu drücken braucht, ein paar einfache Fragen beantworten, und schon sollte es in bester Verona Feldbusch-Manier heißen: „Hier werden Sie geholfen!“

Doch wie so oft im Leben steckt der Teufel auch beim WKÖ im Detail. Genauer: In der Programmierung ihrer Website. Denn da wurde offenbar unter Zeitdruck gearbeitet und mit der heißen Nadel gestrickt. Ergebnis: Es geht nichts!

Aber fangen wir am Anfang an: Als Erstes wird man aufgefordert, an Eides statt zu erklären, dass man nicht schon von woanders Stütze kriegt. Dann muss man angeben, in welchem Bundesland man wohnt und wie die (Kleinst-)Firma heisst.

Die Adresse wird abgefragt, das Nettoeinkommen im letzten Jahr, für das eine Steuererklärung vorliegt (bei mir war das 2017) und wie hoch die Einkommen damals waren. Nun ja, 2017 war bei mir ein gutes Jahr, da kamen immerhin so um die 80,000 Euro rein, jedenfalls vor Steuern. Aber selbst wenn einem danach noch die Hälfte bleibt ist das ja kein schlechtes Jahr gewesen.

Jetzt noch den Zeitpunkt der Unternehmensgründung angeben – ich bin seit April 1980 selbständig, also ein alter Hase in meinem Job als Journalist, Buchautor und Vortragsredner. Nur dass ich zur Zeit gar keinen Job machen kann, weil es keine Aufträge gibt. Aber dafür soll’s ja zum Glück den Härtefall-Fonds geben!

Ich drücke also am Ende hoffnungsfroh auf „Abschicken“ und landete – in einem digitalen Bürokraten-Albtraum!

Als Erstes ist dem System mein Nettoeinkommen zu hoch. Ich wußte nicht, dass Computeralgorithmen Mißgunst empfinden können, aber dieser hier ist schon ganz gelb vor Neid. „Nettoeinkommen darf 33.812 Euro nicht überschreiten“, mahnt Kollege Computer in vorwurfsvollem Ton. „Tut es ja nicht“, will ich ihm zurufen, „jedenfalls dieses Jahr nicht. Das war doch 2017! Heute wäre ich ja froh, wenn 2020 überhaupt was übrigbleibt! Deswegen sitze ich doch hier und fülle diesen dämlichen Fragenbogen aus!“

 

Auch das Gründungsjahr meiner Firma fand das System äußerst suspekt. „Die Unternehmungsgründung muss bis zum 31.12.2019 erfolgt sein. Nun, meines war zu diesem Zeitpunkt fast 40 Jahre alt, das müsste doch genügen, oder?

Und auch meine Steuernummer passt ihm nicht, obwohl ich dorthin, nämlich ans Finanzamt Tamsweg, seit Jahren brav einen nicht unerheblichen Beitrag in Form von Staatsabgaben überweise.

Wie auch immer: Als ich am Schluß auf die Schaltfläche „Einreichen“ klicke, kann man fast schon die sonore Amtsträgerstimme hören, die abwinkend urteilt: „Es fehlen noch verpflichtende Angaben oder Werte in einzelnen Felderen sind ungültig.“ Also nix wird’s bei Ihnen mit der Härtefall-Hilfe, mein Herr. Guten Tag. Der nächste bitte!

So wird also aus einer an sich ganz guten Idee doch noch ein bürokratisches Monsterwesen.

Vielleicht merken die’s vom WKÖ ja noch und bessern nach. Schließlich machen auch andere Programmierfehler. Ich denke an die Zeit von Barak Obama und seinem „Obamacare“, wo am ersten Tag das ganze System unter der Last von Millionen von Anträgen für Gesundheitvesicherung zusammenbrach. Und es wird ganz bestimmt lustig werden, wenn Donald Trump in den nächsten Tagen versucht, jedem US-Amerikaner einen Scheck über 1000 Dollar zu schicken.

Vielleicht verschwind‘ ja auch bald dieser ganze Corona-Spuk und die Geschäfte gehen wieder so wie früher. Bis dahin müssen wir halt alle zusammenrücken – nee, halt: das dürfen wir ja nicht – Kontaktverbot, Abstand halten! Na, wenigens den Gürtel enger schnallen dürfen wir. Und das Leben im schönen Lungau genießen – jedenfalls so lange wir es uns als Härtefälle noch leisten können.

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