Was sind Facebook-Freunde wert?

Gut zu wissen, dass man Freudne hat!

Gut zu wissen, dass man solche Freunde hat!

Sind Facebook-Freunde wirklich Freunde? Das ist eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird, teils von älteren Zuhörern meiner Vorträge, aus deren Stimme Skepsis klingt, oder Eltern von Kindern und Jugendlichen, die nicht glauben wollen, dass ihre Kids tatsächlich von einer virtuellen Freundschaftsbeziehung ähnlich profitieren können wir aus einer realen. „Das sind ja keine richtigen Freunde“, ist so ein Satz, den ich immer wieder zu hören bekomme – und der mich nachdenklich macht.

Was ist denn überhaupt eine „richtige“ Freundschaft? Ist es so eine wie zwischen Heinz Rühmann, Willy Fritsch und Oskar Karlweis in „Die drei von der Tankstelle“ („…ein Freund, ein guter Freund, das ist das schönste was es gibt auf der Welt.“) Oder sind es Mitglieder einer gemeinsamen Organisation, so wie meine „Lions-Freunde“ oder die „Gesellschaft der Freunde Czyslanskys“, mit denen ich seit vielen Jahren gemeinsam blogge?

Wie immer, wenn man heutzutage unsicher ist, fragt man Wikipedia, und die Antwort lautet dort: „Freundschaft ist ein auf gegenseitiger Zuneigung beruhendes Verhältnis von Menschen zueinander, das sich durch Sympathie und Vertrauen auszeichnet.“

Nun, die meisten meiner Facebook-Freunde sind sehr sympathische Menschen. Wenn sie es nicht wären, dann hätte ich sie auch gar nicht eingeladen oder hätte nicht auf ihre Anfrage reagiert. Ja, ich schaue mir jeden an, der sich bei mir meldet und mir seine Freundschaft anbietet. Und wenn ich auf seiner Facebookseite etwas sehe, das mich stutzig macht – zum Beispiel eine politische oder weltanschauliche Gesinnung, die ich eher ablehne, oder eine sexuelle Präferenz, die mich nicht anmacht – dann klick ich ihn oder sie einfach weg.

Es sind trotzdem im Laufe der Zeit sehr viele Freunde auf Facebook hinzugekommen, denn ich komme viel herum und bin, denke ich, auch ein recht kontaktfreudiger und umgänglicher Mensch, auch wenn meine Frau mich für einen „bösen alten Mann“ hält. Sie hat ja recht: Ich kann ganz schön böse sein, und mein Humor ist oft tiefschwarz. Aber ich denke, dass ich mir den Glauben an das Gute im Menschen bis heute erhalten habe, und da kommt eben die zweite Komponente ins Spiel: Vertrauen. Bis zum Beweis des Gegenteils halte ich alle, die ich zu meinen Facebook-Freunden zählen darf, für im Grunde ganz anständige Menschen.

Freunde sind wichtig, auch wenn sie in meinem Leben eine eher virtuelle Präsenz besitzen. Sie sind eine Bereicherung, denn durch sie erfahre ich Dinge, die mir sonst verborgen geblieben wären, und ich genieße es, morgens beim Runterscrollen plötzlich laut zu lachen, weil wieder mal einer etwas Skuriles, Witziges oder Allzumenschliches reingestellt hat, das ich unbedingt weiterposten und damit meinen anderen Freunden mitteilen muss. Das ist völlig zufallsgesteuert, und es ist eine andere Form der Kommunikation als beispielsweise ein Stammtischgespräch.

Nein, ich möchte das Gespräch nicht missen. Am Vorabend der CeBIT habe ich mich mit drei Freunden getroffen, von denen zwei, wenn man so will, „richtige“ Freunde sind, nämlich Christian Spanik und Hannes Rügheimer. Aber es saß auch ein Freund dabei, den ich vorher nur von Facebook kannte, nämlich Joachim Jürschick, der in Immenstadt im Allgäu lebt und mit dem ich auf Facebook insgesamt 40 gemeinsame Freunde habe. Wir haben einen wunderschönen Abend verbracht und dabei an einen anderen gemeinsamen Freund gedacht, der nicht dabei sein konnte, weil er vor kurzem gestorben ist, nämlich Ossi Urchs, der „Internet-Guru“ und mein langjähriger Weggefährte im Internet.

Komplexe Beziehungsgeflechte sind das, die uns Facebook manchmal beschert, und ich genieße das. Wer je behauptet hat, das Internet treibe die Menschen in die Vereinsamung, weiß ganz einfach nicht, wovon er spricht.

Das wurde mir heute besonders bewusst an meinem 65sten Geburtstag, denn da hat sich Facebook für mich von seiner allerschönsten Seite gezeigt. Es fing schon um Mitternacht an, setzte sich den ganzen Tag bis jetzt fort und ist vermutlich noch nicht zu Ende: Manchmal im Minutentakt poppen Meldungen von Facebook hoch, dass wieder einer meiner Freunde etwas geschrieben hat, einen Glückwunsch geschickt oder einen witzigen Spruch abgelassen hat. Manche haben dazu den „Messenger“ verwendet, andere haben gepostet. Es sind Nachbarn aus dem Lungau und Leute, die am anderen Ende der Welt sitzen. Ein paar Amerikaner sind dabei, ein Japaner, ein Deutscher, der in Bangkok lebt, und meine Tochter, die es mit ihrem künftigen Kindsvater nach Irland verschlagen hat. Gerade meldet sich Ricardo aus New York und wünscht mir „a wonderful day“.

Irgendwann waren es über 100, und bis Mitternacht werden wahrscheinlich noch eine Menge dazu kommen, wenn die Leute Feierabend haben und sich an den PC setzen. Ich habe auch unter jedem Post den hochgestreckten Daumen angeklickt, der „Gefällt mir!“ heißt und mittlerweile zu einem Stück Weltkulturerbe geworden ist, ein transkulturelles Symbol, das in jeder Sprache verstanden wird.

Nein, ich möchte Facebook nicht missen, und vor allem nicht meine Facebook-Freunde. Und deshalb möchte ich Euch allen auf diesem Weg danken – dafür, dass es Euch gibt und ich hoffentlich noch sehr lange mit Euch befreundet sein darf.

 

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