Sodcasting: Warum es hohe Geldstrafen geben sollte für Menschen, die ihr Telefon quer ans Ohr halten!

Warum viele das Smartphone waagerecht ans Ohr haltenKennen Sie das? Man sitzt im Bus oder Zug, und daneben sitzt einer der telefoniert. Ganz normal, sagen Sie?  Aber was, wenn er den Apparat auf Lautsprecher gestellt hat und waagerecht ans Ohr hält, damit Sie auch die Stimme seines Gegenübers in voller Lautstärke erdulden müssen?

Als ich die ersten jungen Menschen im Straßenverkehr gesehen habe, die ihr Handy quer in der Hand halten, hielt ich das für eine Marotte. Mittlerweile ist es ganz normal. Ich dachte je immer, man hält sein Handy an die Ohrmuschel. um besser zu verstehen. Aber das findet offenbar die Generation Z total uncool. Alle sollen mithören! Man hat ja schließlich nichts zu verbergen im Internetzeitalter, wo Informationen doch frei sein wollen!

Es kann für solches idiotische Verhalten natürlich verschiedene Gründe geben. Der wesentlichste ist vermutlich der Vormarsch von Sprachnachrichten, während dagegen das klassische Telefonieren zunehmend zu einer vernachlässigbaren Funktion von Smartphones geworden ist. Das Gerät vor den Mund zu halten erleichtert nicht nur das gleichzeitige Betätigen des Aufnahmeknopfs, welcher die gesamte Zeit während des Aufzeichnens gedrückt bleiben muss. Auch ist man natürlich deutlicher zu verstehen, wenn man direkt in die Stelle hineinspricht, in die das Mikrofon eingebaut ist.

Aber der Lautsprecher befindet sich doch am anderen Ende! Es können also nur Menschen sein, die sich selbst gerne reden hören und für die das, was der andere sagt, eher nebensächlich ist.

Und das ist, zumindest in Österreich und in Deutschland, auch ganz legal. Es gibt keine spezielle Regelung, die das laute Telefonieren oder Musikhören ohne Kopfhörer im ÖPNV verbietet. Die Nutzung des Handys muss stets so erfolgen, dass andere Fahrgäste nicht belästigt werden. Wer sich aber rücksichtslos verhält, kann eine Abmahnung bekommen.

In anderen Ländern wird bereits mit Verboten reagiert. Bekannt wurde der Fall eines jungen Franzosen namens Davis, der am Bahnhof in Nice mit seiner Schwester per Lautsprecher telefonierte und dafür eine Geldbuße von €200 erhielt. Er klagt inzwischen dagegen, der Fall läuft noch.

Der irische Bahnbetreiber erinnerte die Menschen Anfang dieses Monats daran, dass sie mit einer Geldstrafe von 100 Euro oder etwa 115 Dollar belegt werden können, wenn sie Musik ohne Kopfhörer hören. Die Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel in Massachusetts und Toronto haben es Fahrgästen untersagt, Musik ohne Kopfhörer zu hören, während Montreal davon dringend abrät.

Am härtesten wollen die Briten wohl gegen die akustische Luftverpestung vorgehen. Dort nennen sie es “sodcasting.” In der Londoner Tube kann es Geldstrafen von bis zu 1.000 £ (etwa 1.350 $) für das laute Abspielen von Musik geben. Außerdem sollen die Verursacher aufgefordert werden, den Zug zu verlassen.

„Es geht darum, sie zum Nachdenken anzuregen und ein wenig rücksichtsvoller zu sein“, sagte Emma Strain, Kundendirektorin von Transport for London, der Verkehrsbehörde, in einem Interview.

Viele Fahrgäste merken möglicherweise gar nicht, dass ihr Lärm störend ist, sagte Frau Strain und fügte hinzu: „Sie denken oft nicht an andere.“ Wenn man sie bittet, ihre Musik auszuschalten, kommen die Fahrgäste in der Regel dieser Aufforderung nach, merkte sie an.

Für manche Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel könnte Störung das Ziel sein, sagte Elijah Anderson, Professor für Soziologie und Black Studies an der Yale University, der ausführlich über Rasse, Höflichkeit und Verhandlungen in gemeinsam genutzten öffentlichen Räumen geschrieben hat.

Das laute Abspielen von Musik aus Boomboxen in der Öffentlichkeit oder über Lautsprecher von Mobiltelefonen sei „ein Angriff auf die Zivilgesellschaft“, sagte er, aber auch eine Möglichkeit für Menschen, ihr Recht auf öffentlichen Raum geltend zu machen, und eine Form des politischen Widerstands.

Die weitaus häufigste Verwendung von Handy und Mobiltelefonen findet natürlich im Auto während der Fahrt statt. Dafür haben die meisten Länder zum Teil drakonische Geldstrafen eingeführt. Wer in Österreich während des Fahrens ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, wird mit einem Organmandat von 100 Euro bestraft. Wenn die Bezahlung dieses Strafbetrags verweigert wird, erfolgt eine Anzeige an die Behörde, die eine Geldstrafe bis zu 140 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, verhängt. In Italien müssen Autofahrer künftig mindestens 250 Euro zahlen, wenn sie sich mit dem Smartphone in der Hand beim Telefonieren oder Chatten erwischen.

Wer in der Probezeit sein Handy oder ein anderes elektronisches Gerät am Steuer benutzt und dabei geblitzt wird, kassiert zunächst ein Bußgeld und mindestens einen Punkt. Darüber hinaus verlängert sich die Probezeit von 2 auf 4 Jahre und es wird ein kostenpflichtiges Aufbauseminar angeordnet. War dies nicht der erste Verstoß in der Probezeit, können die Sanktionen sogar noch schärfer sein.

Ganz anderss sieht es aus, wenn während der Fahrt eine Smartwatch benutzt wird,zumindest  wenn sie am Handgelenk getragen wird – also nicht gehalten – und die Benutzung nur mit Hilfe der Sprachsteuerung oder Vorlesefunktion erfolgt. Andernfalls darf bei der Bedienung der Blick auf die Smartwatch nur kurz erfolgen.

Im Mittelalter wäre einem, der sein Handy quer am Kopf hält, wahlweise die Hand oder gleich der Kopf abgehackt worden. Uns im aufgeklärten Zeitalter bleibt wohl nur, irgendwann zum Konfiszieren des Gerät zu schreiten, aber so weit will offenbar noch keiner gehen. Mal sehen, wie lange noch!

Dieser Beitrag wurde unter Mobilität abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.