Vorsicht beim Presserabatt!

…dann kratz ich deinen.

Ich bin ein in Ehren ergrauter Journalist, der unter anderem auch Medientrainings durchführt, und dort geht es häufig auch um das oft etwas gespannte Verhältnis zwischen Journalisten auf der einen Seite und Wirtschaftsleuten auf der anderen. Ich weiß also. wovon ich rede.

Das Thema „Presserabat“ ist eine sehr zweischneidige Sache. Firmen geben Journalisten Rabatte, weil sie sich damit ein gewisses Wohlwollen erkaufen möchten. Es ist das uralte Formell: „Kratz mir den Rücken und ich kratz deinen.“ Journalisten nehmen diese Rabatte in Anspruch mit dem Wissen, dass sie damit eine gewisse moralische Verpflichtung eingehen. Beide Seiten wissen also, was gespielt wird. Aber die Spielregeln schreiben vor, dass keiner das offen ausspricht. Würde man das nämlich tun, dann würde sich die Beziehungsgrundlage verändern.

Konkret: So lange ein Hotel sagt: „Kommen Sie, bleiben Sie bei uns eine Nacht, fühlen Sie sich wohl, und behalten Sie uns in angenehmer Erinnerung“, geht das in Ordnung. Es ist auch der Zusatz erlaubt: „Sollte sich irgendwann einmal eine Gelegenheit ergeben, dann schreiben Sie bitte auch etwas Nettes über uns.“

Würde das Hotel aber sagen: „Schreiben Sie etwas über uns, dann laden wir Sie ein“, dann wird aus einem sanften moralischen Druck plötzlich ein Imperativ. Statt sich gegenseitig einen Gefallen zu tun, gehen beide Seiten einen Vertrag ein: Leistung und Gegenleistung.

Das Problem ist nur: Die meisten Journalisten lassen sich ungern kaufen. Natürlich wissen sie, dass eine journalistische Veröffentlichung einen wirtschaftlichen Wert darstellt, der sogar wesentlich höher ist als der Preis einer (gekauften) Anzeige im gleichen Blatt, weil der Journalist beim Leser ein Glaubwürdigkeitsbonus besitzt. Er besitzt ihn aber nur so lange, wie er sich nicht kaufen lässt.

Das Ganze ist also ein sehr delikates Spiel, bei dem es auch Nuancen ankommt. Sie können einen guten Journalisten mit einem Presserabatt oder einer Einladung folglich nicht kaufen: Die Entscheidung, ob er etwas schreibt oder nicht, wird er sich immer vorbehalten. Aber er spürt schon den moralischen Druck, also ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er es doch tun wird.

Ziel eines Presserabatts ist also streng genommen nicht die Veröffentlichung, sondern Sympathie. Indem der Rabattgeber einen Junktim einbaut, erreichen er das genaue Gegenteil: Unsympathie, sozusagen.

Natürlich ist es jedem unbenommen, dem Journalisten ein Geschäft vorzuschlagen. Journalisten sind Texter, und die meisten von ihnen verdienen zumindest nebenbei ein Zubrot mit dem Verkauf ihrer Texte. Allerdings liegen die Honorarsätze der meisten Kollegen erheblich höher als der Preis einer Hotelübernachtung. Und es wäre wahrscheinlich sogar ein schlechtes Geschäft, denn es wäre damit keine automatische Veröffentlich verbunden. Der Rabattier müsste also zusätzlich die Kosten für den Abdruck als Anzeige oder PR-Text bezahlen.

Ich würde den Presserabatt deshalb eher mit dem Kauf eines Lotteriescheins vergleichen: Man kann Pech haben und an einen Schnorrer geraten, aber man könnte auch einen Volltreffer landen und eine wunderbare, äußerst werbewirksame Veröffentlichung in einem seriösen Medium bekommen. Nur kann niemand einem vorher sagen, ob es auch klappen wird.

Man kann allerdings die Gewinnchance erhöhen, indem man eine sorgfältige Auswahl jener Journalisten trifft, auf die man mit seinem Rabatt „setzt“. Falls man die Kollegen nicht persönlich kenntn, so kann man mit einer seriösen Journalistenvereinigung wie dem DJV zusammenarbeiten. Das garantiert zwar auch keinen Hauptgewinn, aber immerhin steigt die Wahrscheinlichkeit.

In diesem Sinne wünsche ich ein schönes Spiel – beim Sport und bei der Pressearbeit.

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