Willkommen im Fehlinformations-Zeitalter

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Trump und sein ehemaliger FBI-Chef James B. Comey bezeichnen sich gegenseitig als „Lügner“. Was früher in der Politik die schlimmste mögliche Beleidigung gewesen wäre ist heute bereits so abgenutzt, dass sich niemand mehr darüber aufregt. Und „Fake News“ ist dabei, zum Modewort des Jahres zu werden. Alternative facts, anyone?

Wir sind überall von Un- und Halbwahrheit umgeben. Und daran sind wir zum größten Teil selber schuld. Menschen im Internet-Zeitalter suchen sich ihre Informationsquellen zunehmend nach ihrem persönlichen Geschmack, ihren Vorlieben sowie ihrer politischen, sozialen und sexuellen Orientierung aus. Statt aufzuklären führt das Internet also eher zur Verfestigung vorgefasster Meinungen. Wir leben häufig in „Informations-Ghettos“, umgeben von anderen, die das gleiche denken wie wir.

Im Zeitalter von Big Data verlassen wir uns immer mehr auf unsere Daten, wissen aber in Wirklichkeit nicht, ob diese Daten überhaupt richtig und vertrauenswürdig sind. Sobald wird dem Computer lebenswichtige Entscheidungen überlassen, etwa einem selbstfahrenden Auto oder der Steuerung von Stromnetze, können falsche oder gefälschte Daten direkt in die Katastrophe führen.

Die Politik ist immer mehr zu einem Teil der Unterhaltungsindustrie geworden. Trump – aber beileibe nicht nur er – erfindet seine Fakten aus dem Stehgreif, aber kaum einen seiner Wähler stört das, weil sie es ohnehin gewohnt sind, in einer vom Internet genährten Scheinwelt aus Trivialitäten, Halbwahrheiten und Konspirationstheorien zu leben.

Wie soll sich der Mensch im „Post Fact“ Zeitalter verhalten? Genügt es, einfach grundsätzlich nichts und niemandem zu glauben? Dann verfallen wir als Gesellschaftins Chaos, sind es bereits zum Teil – siehe Brexit, siehe Trump.

Kein WUnder, dass der „Vertrauensindex“ des Edelmann Trust Barometer 2017 einen historischen Tiefsstand erreicht hat. Und auf Mashable behauptet Kate Freemann, dass 98% der Amerikaner dem Internet mißtrauen.

„Wenn wir kein Vertrauen hätten würden wir uns morgens gar nicht mehr die Mühe machen aufzustehen“, schrieb der deutsche Soziologe und Gesellschaftstheoretiker Niklas Luham. In seinem Buch „Making Democracy Work, schreibt der Harvard-Wissenschaftler Robert Putnam:“Soziale Netzwerke haben einen Wert – sie erhöhen nämlich die individuelle wie die kollektive Produktivität.“ Er zieht den Vergleich zu den italienischen Stadtstaaten der Renaissance, die erst dann zur Hochblüte kamen, als sie das Problem der ständigen Kleinkriege in den Griff bekamen und sich einen festen Satz von gesellschaftlichen Regeln gaben, an die sich zumindet die meisten gehalten haben. „Soziale Tugenden sind nicht nur gut, sondern auch nützlich“, schrieb er – ein Satz, der gerade heute wieder eine ungewollte Aktualität besitzt.

Ich denke, dass wir der mündige Netizen eine Art „Fact Check Reflex“ entwickeln muss. Dazu gehört eine ausgeprägte Skepsis, die uns routinemäßig bei jeder neuen Behauptung fragen lässt: „Und das soll ich dir glauben?“ Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hst, lautet ein geflügeltes Wort aus einer anderen, einer vertrauensseligen Ära. Heute muss es heißen: Glaube keinem Fakt, das du nicht selbst überprüft hast.

Dass wir neue Spielregeln für das Digitalzeitaler entwickeln müssen, liegt für mich auf der Hand: ein neuer Gesellschaftsvertrag, ein social contract, wie ihn etwa Hobbes in Leviathan oder Jean-Jacques Rousseu gefordert haben

Ja, das wird mühsam sein und mit Arbeit verbunden. Ich denke aber, es ist so eine Art Bürgerpflicht. Wir leben im Informationszeitalter. Wir müssen aktiv etwas tun, damit sie nicht zum Zeitalter der Fehlinformsation verkümmert.

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