Ohne Immigration stirbt Europa aus

   In einem Beitrag, der eigentlich zur Pflichtlektüre aller Politiker in Österreich zählen sollte, sagt der Economist voraus, dass bis 2030 die Zahl der Länder, deren Geburtenrate unter 2,1 – der Schwelle, aber der die Bevölkerung sinkt – von heute 124 auf 136 steigen wird. Besonders hart betroffen sind Südkorea, deren Rate derzeit bei 0,8 liegt, sowie Italien und Japan, deren Bevölkerung heute schon stark schrumpft. In einem Werbespot sagt Plasmon, ein Hersteller von Babynahrung, der zum US-Konzern Kraft-Heinz gehört, die Geburt des letzten Italieners, der bezeichnenderweise Adamo genannt wird, für das Jahr 2050 voraus. In Berlin überschritt die Zahl der Verstorbenen 2022 erstmals die Zahl der Neugeborenen.

Warum uns das etwas angeht? Weil es nujr einen Ausweg gibt: Mehr Immigration – nicht weniger!

Die einzigen Länder mit einem Bevölkerungsüberschuss auf der Welt befinden sich in Zentralafrika. Nur Afghanistan kann da noch halbwegs mithalten. Die USA schrammen gerade noch am Geburtenschwund vorbei, als einziges hochentwickelte Land der Erde.

Das Blatt zitiert Matthias Doepke, einen Wirtschaftswissenschaftler an der London School of Economics, der die finanziellen Ursachen und Auswirkungen von Veränderungen in der Fruchtbarkeit untersucht. Er hat festgestellt, dass die sinkenden Geburtenraten nicht mehr auf reichere Länder oder wohlhabendere Familien innerhalb der Länder beschränkt sind. „Es gibt eine globale Konvergenz in den Bestrebungen der Frauen, was Karriere und Familienleben angeht,“ sagt er.

Umgekehrt haben sich niedrige Geburtenraten von reichen Ländern wie Italien und Japan auf Länder mit mittlerem Einkommen wie Thailand und Brasilien ausgebreitet. Sie haben Fruchtbarkeitsraten von 1,3 bzw. 1,6. Noch auffälliger ist, dass die Fruchtbarkeitsrate in Indien auf unter 2,1 gesunken ist und voraussichtlich weiter sinken wird. Dies wird globale Auswirkungen haben, da allein auf Indien ein Fünftel der Weltbevölkerung entfällt. Alle 15 größten Volkswirtschaften der Welt, darunter Brasilien, China, Indien und Mexiko, haben eine Fruchtbarkeitsrate von weniger als 2,1.

Trotz der politischen Spannungen, die sie in den letzten Jahren hervorgerufen hat, ist Immigration in weiten Teilen der reichen Welt auf dem Vormarsch. Da jedoch immer mehr Länder vom demografischen Rückgang betroffen sind, wird es immer schwieriger, gut ausgebildete Migranten zu finden, selbst wenn sich der Rückgang der einheimischen Bevölkerung in vielen reichen Ländern weiter beschleunigt. Für China mit einer Bevölkerung von etwa 1,4 Mrd. Menschen ist die Vorstellung, dass sich genügend Einwanderer finden lassen, um die Auswirkungen des Geburtenrückgangs umzukehren, ein Hirngespinst, selbst wenn die Behörden davon überzeugt werden könnten, dass dies eine gute Idee wäre. Obwohl Indiens Bevölkerung immer noch wächst, wird sie ihren Höhepunkt in den 2060er Jahren erreichen, wenn nicht schon früher.

Einige der Folgen dieser dramatischen demografischen Veränderungen sind hinlänglich bekannt. Eine immer älter werdende Bevölkerung bedeutet höhere Ausgaben für öffentliche Renten und Gesundheitsfürsorge. Darüber hinaus wird es weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter geben, die Steuern zur Deckung dieser Kosten zahlen. In der reichen Welt kommen derzeit etwa drei Menschen zwischen 20 und 64 Jahren auf einen über 65-Jährigen. Bis 2050 wird dieses Verhältnis auf weniger als zwei zu eins schrumpfen. Dies wird ein höheres Rentenalter, höhere Steuern oder beides erforderlich machen.

Die wirtschaftlichen Folgen des demografischen Rückgangs sind jedoch nicht nur steuerlicher Natur. Die Arbeit ist neben dem Kapital und der Effizienz, mit der beide eingesetzt werden (Produktivität), eine der drei wichtigsten Determinanten des Wachstums. Eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung führt unter sonst gleichen Bedingungen automatisch zu einem geringeren Wirtschaftswachstum. Der demografische Rückgang hat jedoch auch Auswirkungen auf Kapital und Produktivität, die weit weniger gut verstanden werden.

Viele Wirtschaftswissenschaftler sind der Ansicht, dass eine kleinere Erwerbsbevölkerung die Realzinsen (d. h. nach Berücksichtigung der Inflation) nach unten drücken wird, weil es weniger Investitionsmöglichkeiten und einen großen Bestand an Ersparnissen gibt, die von denjenigen angesammelt wurden, die im Ruhestand sind oder kurz davor stehen. Andere glauben, dass der Effekt das Gegenteil sein wird. Wenn mehr Menschen in den Ruhestand gehen und somit nicht mehr sparen, sondern weiter konsumieren, werden weniger Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen, was die Realzinsen in die Höhe treibt.

Wie auch immer: Was wir jetzt brauchen ist ein Umdenken in der Ausländerpolitik. Wir können uns nicht mehr leisten so zu tun, als ob sich die Welle der armen und hungrigen Einwanderer noch stoppen ließe. Statt Immigranten an den Grenzen entweder mit Mauern und Stacheldraht aufzuhalten oder sie, wie Italien, vor ihren Küsten ertrinken zu lassen, müssen wir Wege und Mittel finden, sie bei uns aufzunehmen und zu integrieren. Das wird nicht ohne Milliardeninvestitionen gehen. Wer aber heute noch, wie die FPÖ, vor Ausländern warnt, die den braven Österreichern die Jobs wegnehmen oder faul von den Zuwendungen unseres Sozialstaates leben wollen, hat nichts verstanden.

Die Immigranten werden kommen. Dazu ist die Sogwirkung unserer langsam entvölkerten Länder in Europa viel zu groß. Im Jahr 2021 gibt es 782 Millionen Menschen zwischen 21 und 30 Jahren in Staaten, in denen die Fruchtbarkeit unter der Ersatzrate liegt. Bis 2050 wird diese Gruppe, d. h. die potenzielle Zahl der einheimischen Berufsanfänger, voraussichtlich um ein Fünftel auf 619 Millionen sinken. Bei diesem Rückgang handelt es sich nicht um eine subjektive und fragwürdige Prognose: Die meisten Mitglieder dieser Generation sind bereits geboren, und die Fruchtbarkeitsraten ändern sich in der Regel nicht schnell. In den Ländern, in denen die Fruchtbarkeitsrate unter 1,5 liegt, wozu fast ganz Ostasien und ein Großteil Europas gehören, wird der Rückgang noch extremer ausfallen und die gleiche Kohorte um 37 % schrumpfen.

Höchste Zeit, sich etwas völlig Neues einfallen zu lassen!

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