Mein Chef, der Robot

Ralf Hillebrand von den Salzburger Nachrichten hat sich in der heutigen Ausgabe ausführlich miz einigen zentralen Thesen aus meinem neuen Buch, Erfolgsfaktor Künstliche Intelligenz, auseinandergesetzt:

Er beobachtet, wie seine Mitarbeiter mit Problemen umgehen. Er analysiert den Arbeitsablauf. Er registriert Außeneinflüsse, wie eine sinkende Nachfrage. Und schließlich trifft er Entscheidungen. So wie es ein Chef eben macht. Der große Unterschied ist aber: Dieser Boss besteht nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus x Zeilen Programmiercode. In den Logistikzentren des japanischen Elektronikkonzerns Hitachi sind bereits seit Jahren Roboter-Chefs im Einsatz. Die Software, der Computer sammelt Tag für Tag neue Daten im und um den Arbeitsprozess und lernt so immer weiter dazu.
„In manchen Bereichen sind Roboter in der Tat bessere Chefs“, sagt Tim Cole. Cole ist Autor, Moderator, Kolumnist. Seit Jahrzehnten beschäftigt sich der Wahl-Lungauer mit der Digitalisierung, etwa als Chefredakteur der Zeitschrift „Smart Industry“. Vergangene Woche erschien sein neues Buch „Erfolgsfaktor Künstliche Intelligenz“. „Bei Umfragen unter Menschen, die bereits mit Robo-Chefs konfrontiert waren, war mehr als die Hälfte mit den Bossen zufrieden.“ Und das aus vielerlei Gründen: Der Computer-Chef reagiere emotionslos und unvoreingenommen, er verwalte das Budget besser, er halte Termine ein und beende Meetings pünktlich.

Doch Experte Cole kann die Bosse beruhigen: „Das heißt jetzt nicht, dass wir alle Chefetagen leer räumen.“ Vielmehr werde es ein Miteinander geben. „Die Roboter werden die Dinge machen, die sie besser können als der eigentliche Boss. Und dieser kann sich dann auf die noch wichtigeren Aufgaben konzentrieren.“ Ein Beispiel: Der Computer bereitet sämtliche Informationen über einen Angestellten auf, der Boss aus Fleisch und Blut führt auf Basis dieser dann ein – wohl besseres – Mitarbeitergespräch.
Diese Arbeitsaufteilung steht für Cole auch exemplarisch dafür, wohin die Reise in Sachen künstlicher Intelligenz, also eigenständig lernfähiger Computertechnologie, grundsätzlich geht. Der Mensch sollte routinemäßige wie analytische Aufgaben an die Maschine abgeben, damit er auf seine ureigenen Stärken setzen kann – etwa Empathie oder Sensibilität. In diesen Bereichen könnte selbst ausgereifte künstliche Intelligenz (KI) nicht mit dem Menschen mithalten. „Computer können wunderbar Dinge wahrnehmen, sie können schnell Muster erkennen“, sagt der Digitalisierungsexperte. Aber beurteilen könnten sie nicht gut. „Dafür fehlt der wirkliche Verstand. Denn dieser hat mit Bewusstsein zu sein – und das wird eine Maschine nie haben.“ Deshalb ist sich Cole sicher: „Computer werden nie so intelligent sein wie der Mensch. Sie können Intelligenz maximal gut nachahmen.“
Dass künstliche Intelligenz um sich greifen werde, sei dennoch absehbar. „Da passiert gerade eine riesige Umwälzung“, sagt Cole. Vor allem in der Fertigung werden „Roboter noch viel mehr übernehmen“. Es stimme also in der Tat, dass manche Stellen in Gefahr seien. Vor allem solche, bei denen Tag für Tag die gleichen Handgriffe notwendig seien. „Das sind aber sowieso die langweiligen Jobs, die fast niemand haben will.“ Zudem verweist Cole auf eine Studie des World Economic Forum. Demnach werden durch künstliche Intelligenz zwar bis 2022 75 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen. Es würden dadurch aber auch mehr als 133 Millionen neue Jobs geschaffen. Andere Erhebungen sehen den Zugewinn nicht ganz so deutlich, kommen aber zu vergleichbaren Ergebnissen.
Aber was wird aus all jenen, die für die neuen Jobs schlicht nicht qualifiziert sind? Da sei man ganz schnell bei einer Grundsatzdebatte angelangt, sagt Cole. Einer zu Bildung, vermittelten Inhalten oder den Möglichkeiten, auch mit fortgeschrittenem Lebensalter beruflich umzusatteln. „Wir müssen unseren Kindern lernen zu lernen. Denn sie werden im Laufe ihre Lebens öfters den Job wechseln und somit umlernen müssen.“ Aber auch die Unternehmen selbst seien gefragt, sagt der Experte – und belegt seine Forderung mit einem Beispiel: Eine große deutsche Gebäudereinigungsfirma habe erkannt, dass immer öfter Windkrafträder gesäubert werden müssten. Dafür brauche es aber schwindelfreie, fitte Leute, die im besten Fall schon Erfahrung mit Klettern/Abseilen hätten. Also habe man die Personaldatenbank von KI durchforsten lassen und 300 Mitarbeiter ausfindig gemacht, die für solch einen Job infrage kämen – darunter Bergsteiger und frühere Hochbauarbeiter. 200 dieser Mitarbeiter seien dann tatsächlich umgeschult worden.
Bei dem Versuch, sich auf neue Möglichkeiten einzustellen, könnten aber auch Fehler gemacht werden, ergänzt Cole. Ein deutscher Autobauer habe etwa einen eigenen Google-Tag veranstaltet. Dabei hielten die fähigsten Mitarbeiter Vorträge zu künstlicher Intelligenz bzw. Automatisierung, um sich von den geladenen Google-Vertretern Feedback zu holen. Dieses hätte es zwar gegeben. „Google hat im Nachgang aber auch versucht, die fähigsten Mitarbeiter abzuwerben.“

Dennoch rät Tim Cole dazu, vor KI keine Angst zu haben. „Angst lähmt – und führt zu falschen Entscheidungen.“ Vielmehr sei die Entwicklung eine Chance und zugleich ein Trend, „der nicht nächstes Jahr wieder weg sein wird“. Problematisch könne das Ganze nur werden, wenn der Mensch den Computer nicht nur zuarbeiten lasse, sondern die Entscheidungshoheit abtrete. „Dann würden wir als Menschheit in der Tat abdanken. Aber so dumm ist der Mensch nicht.“

Quelle: https://www.sn.at/panorama/medien/sind-roboter-bessere-chefs-91753000 © Salzburger Nachrichten VerlagsgesmbH & Co KG 2020

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