COVID-19: Was uns die Zahlen sagen

In der heutigen Ausgabe der New York Times hat John Allen Paulos, Mathematikprofessor an der  Temple University, einen Beitrag geschrieben, der es verdient möglichst breit gestreut zu werden. Die Überschrift lautete „We’re Reading the Coronavirus Numbers Wrong”, und darin versucht er, die öffentliche Wahrnehmung der COVID-19 Pandemie – denn das ist sie inzwischen – zu relativieren. Kurz gesagt: Die Lage ist ernst, aber nicht so ernst, wie viele meinen – und wie die Medien berichten.

Nun muss ich meine Journalistenkollegen natürlich in Schutz nehmen: Sie sind keine Mediziner, und die Äußerungen der Behörden nicht nur in China laden geradezu ein zur Sensationsmache. Tatsache ist aber, dass die absolute Zahl der Erkrankungen sowie die Sterberate wesentlich niedriger sind als bei anderen Fällen von Coronavirus. Die Wahrscheinlichkeit, dass Erkrankte an COVID-19 sterben, ist zwar 20mal höher als bei einer gewöhnlichen Grippe, aber viermal niedriger als bei SARS, 15mal niedriger als bei MERS und bis zu 36mal niedriger als bei Ebola – alles Erkrankungen, die ebenfalls durch Coronaviren verursacht werden.

Die eigentliche Gefahr von COVID-19 ist, dass wir so wenig über sie wissen, beispielsweise wie lange die Inkubationszeit ist. Und wir wissen auch nicht, wie hoch die Erkrankungszahlen wirklich sind, besonders in China, wo die Behörden offenbar ihre Statistiken mehr oder weniger je nach Situation anpassen und verändern.

Was wir wissen, ist dass die Altergruppe 80+ bei weitem die höchste Sterblichkeit aufgrund von COVID-19 aufweist. Und die Experten sind sich ziemlich sicher, dass es frühestens in ein paar Monaten einen wirkungsvollen Impfschutz gegen das Virus geben wird. Das einzige, das wir tun können, ist große Menschenansammlungen meiden und häufiger die Hände waschen. Was Ersteres angeht: Morgen ist ja Aschermittwoch, aber es ist bestimmt nicht mit uns vorbei….

Aber lesen Sie selbst, was der gute Professor zu sagen hat.

„Stand letzten Dienstag schien die Todesfallrate von COVID-19 bei etwa 2,5 Prozent zu liegen. Das entspricht beispielsweise dem Stand vom Beginn des Ausbruchs bis zum 28. Januar. Im Vergleich dazu liegt die Sterblichkeitsrate bei der saisonalen Grippe in den Vereinigten Staaten zwischen 0,10 Prozent und 0,18 Prozent. Bei SARS liegt sie bei etwa 10 Prozent und bei MERS bei etwa 35 Prozent. Bei Ebola schwankt sie je nach Ausbruch zwischen 25 und 90 Prozent und liegt im Durchschnitt bei etwa 50 Prozent.

Nach dem, was wir bisher wissen, scheint COVID-19 also viel weniger tödlich zu sein als andere Coronavirus-Infektionen und Krankheiten, die sich in den letzten Jahrzehnten zu großen Epidemien entwickelt haben. Die entscheidenden Worte hier sind „auf der Grundlage dessen, was wir bisher wissen“ – das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, und auch, dass sich unsere Sichtweise auf die Situation möglicherweise ändern muss, wenn mehr Daten eintreffen.

Denken Sie auch daran, dass, selbst wenn nur ein kleiner Prozentsatz der mit COVID-19 infizierten Menschen am Ende sterben sollte, die Zahl der Todesfälle in absoluten Zahlen immer noch schrecklich sein könnte, wenn die Gesamtbevölkerung der Infizierten sehr groß ist.

So gerne wir auch alle relevanten Fakten über das Coronavirus wissen würden, wir kennen sie im Moment nicht, und wir sollten das Unbehagen dieser Unsicherheit akzeptieren. Umso mehr sollten wir uns an eines der Dinge halten, die wir an diesem Punkt wissen: Man sollte sich regelmäßig die Hände waschen.“

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