Der Jungfernflug

Wo bin ich denn hier?

Wo bin ich denn hier?

Ich verbringe in den bösen Monaten (Vortragssaison ist von März bis Juni und von September bis November) manchmal mehr Zeit im Flieger als zu Hause. Und so fällt es mir schwer zu glauben, dass es Menschen gibt, erwachsene dazuhin, die noch nie ein Verkehrsflugzeug von innen gesehen haben. Vielleicht hat mir deshalb diese kleine Geschichte so viel Freude gemacht.

Ort der Handlung: Unser nette kleine „Feldflugplatz“ in Salzburg, wo man als Fluggast noch zu Fuss zur Maschine und zurück schreitet und es vollkommen genügt, wenn man eine halbe Stunde vor Abflug da ist. Diesmal hatte ich aber etwas mehr Zeit, und als zwei Damen und ein Herr mit großen Koffern völlig atemlos angerannt kamen, habe ich sie gerne vorgelassen zum Schalter. Sie bedankten sich, kramten aufgeregt vier Bordkarten aus den Handtaschen und checkten ein. „Gerade noch geschafft“, dachte ich mir, hatte die Sache aber schnell wieder vergessen.

Eine Viertelstunde später, ich trank gerade mit meiner Frau einen gemütlichen Abschieds-Cappuccino, setzen sich die drei seelenruhig an den Nebentisch und tranken ebenfalls Kaffee. Geht mich ja nix an, dachte ich, aber neugierig war ich doch. Ich fragte also die ältere der beiden Damen, die zufällig neben mir Platz genommen hatte, wohin die Reise gehen würde. Nach Hamburg, meinte sie – aber das war ja die gleiche Maschine, mit der ich fliegen sollte, und ich hatte noch alle Zeit der Welt.

„Wir mussten schnell das Gepäck aufgeben, bevor ihr Mann vom Klo zurückkommt“, sagte sie, und deutete auf ihre jüngere Mitreisende. „Der weiß nämlich nichts von seinem Glück. Wissen Sie, der ist noch nie geflogen, und das soll eine Überraschung werden…“

Eine Überraschung? Da fährt einer zum Flughafen und denkt, er ist abends wieder daheim? Vier Tage solle die Stippvisite dauern, versicherte mir die Dame, und ja, er habe nichts eingepackt, aber das habe seine Frau heimlich erledigt. Aber was ist, wenn er durch die Gepäckkontrolle muss? „Wir haben ihm gesagt, dass wir eine ganz besondere Flughafenführung für ihn gebucht haben, und dazu gehört auch, dass er mal an Bord einer Maschine gehen darf. Wir haben sogar extra Eintrittskarten ausgedruckt!“

Ich traf die kleine Gruppe später wieder beim Gate, und fragte leise, ob er immer noch nichts wisse. Doch, sagte mir seine Frau, als er bei der Sicherheitskontrolle die Schuhe ausziehen musste, habe er irgendwie Lunte gerochen, und da hätten sie es ihm nolens volens erzählen müssen. Aber er sah zu diesem Zeitpunkt immer noch wie ein Traumwandler aus. „Hamburg“, stammelte er immer wieder, „Hamburg“. Seine Tochter hatte ihn so ganz nebenbei gefragt: „Du Papi, wenn du wirklich mal fliegen könntest, wo würdest du gerne hin?“ „Griechenland“, habe er gesagt, aber das hätte ihm Töchterlein ausgeredet: zu unsicher, und wer weiß, mit dem Euro und so. „Dann nach Hamburg“, habe er gesagt. Da wollte er immer mal hin, zum Hafen und den dicken Pötten nachschauen…

Nun, morgen ist Hafenrundfahrt, und das nach einem aufregenden Jungfernflug – ist doch eine tolle Geschichte, oder? Und das Schönste daran ist: Sie ist wahr! Wie das Foto beweist. Es zeigt das „Geburtstagskind“ Hans Peter Gramberger (37), der kurz davor ist, zum ersten  – aber bestimmt nicht zum letzten – Mal abzuheben.

 

Nachtrag: Heute kam eine E-Mail mit Urlaubsbildern aus Hamburg. Er hat es also doch geschafft!

Geschafft!

Geschafft! Hans Peter ist am Hafen angekommen…

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