Die Glücksmacher

warteschleifeWas gibt es Schlimmeres als in der Warteschleife zu verhungern? So stelle ich mir die Hölle vor: Du bist dazu verdammt, in alle Ewigkeit Dudelmusik zu lauschen, unterbrochen durch regelmäßige Durchsagen wie: „Der nächste freie Mitarbeiter wird gleich für Sie da sein…“

Es geht auch anders, wie ich neulich erfahren durfte, als ich ein Problem mit meinem Blog hatte und dringend mit der Firma WordPress sprechen sollte, weil sonst meine Domain gelöscht werden würde und 20 Jahre Cole-Blog vermutlich auf Nimmerwiedersehen im digitalen Orkus verschwunden wäre, Keine Hölle könnte für mich heißer brennen, und so machte ich mich auf, um die Website der Firma nach einer Telefonnummer zu durchsuchen, die ich anrufen könnte, um das drohende Unheil noch abzuwenden.

Aber ich fand keine. WordPress, so mein Eindruck, möchte gar nicht mit seinen Kunden telefonieren. Statt essen bot man mir an, mein Anliege in der „Kunden Community“ zu posten. Vielleicht habe ja ein anderer Kunde eine Antwort auf meine Frage.

Toll, dachte ich mir. So spart man sich den Aufwand für eine Hotline. Service stellte ich mir eigentlich anders vor. Was mal harmlos mit Bankomaten begann, nämlich „customer self-service“, wird langsam zu einem Monster, dem keiner entkommen kann. Gott hilft eben nur noch dem, der sich selber hilft.

Und dann stieß ich irgendwo ganz unten auf der x-ten Folgeseite auf einen Link, der mir den Zugang zum „Support Chat“ versprach. Ich war inzwischen stinksauer, und feuerte erzürnt ein paar markige Sätze los, nach dem Motto: „Was für ein Laden ist das, das sich vor seinen Kunden versteckt, statt wie jede anständige Firma mit seinem Kunden zu reden, auch wenn er vorher durche Fegefeuer der Hotline-Schleife gehen muss.

Nach einer knappen Minute rührte sich etwas: Irgendjemand war wohl am tippen. Es erschienen wie von Zauberhand die Worte „Hi there“. Absender war jemand, der sich „The Panda“ nannte. Und daneben stand das kleine Bild eines molligen, schwarzweißen chinesischen Pandabären mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Sympathisch, eben.

Ich fragte den Bären, ob mir jemand bei einer Frage zu meinem Kundenkonto helfen könnte, woraufhin – wieder mit einer kurzen Verzögerung – der hoffnungsfrohe Satz erschien: „I can help!“

Ich schilderte mein Anliegen, die Gegenseite fragte nach meinem Benutzernamen und meinem Anliegen, die ich schnell eintippte. Dann gab es wieder eine kurze Pause, bis eine detaillierte Antwort über meinen Status kam, zusammen mit einem ziemlich einfachen Lösungsvorschlag. Wir tippten noch ein paarmal hin und her, und schon war der Fall erledigt. „I will send you a mail“, sagte der Panda noch, und dann: „Happy to be of help.“

Ich schaute in meine Mailbox, und dort fand ich eine Bestätigung der Statusänderung zusammen mit einem Transkript unserer Online-Unterhaltung. Absender war eine gewisse Siobhan. Das ist ein, allerdings etwas ungewöhnlicher, weiblicher irischer Vorname. Woraus ich schließen konnte, dass die Dame, die mich bedient hatte, wohl in Dublin sitzt. Dort betreiben heute viele Firmen ihre Callcenter, weil es dort preiswerte, talentierte und gut ausgebildete Fachkräfte gibt, deren Lebenstraum offenbar darin besteht, in einem abgedunkelten Raum zwischen vielen anderen Leuten am PC zu sitzen und sich um die Probleme von Menschen in aller Welt zu kümmern.

Für mich persönlich wäre das zwar die Hölle auf Erden, aber hey, man muss ja von irgendwas leben. Und was bitteschön macht ein Beichtvater denn anderes als in einem dunklen Kabuff zu sitzen und sich das Leid anderer anzuhören.

Was ich aber ganz toll fand war die Berufsbezeichnung, die im Abspann der Mail stand. „Siobahn – Happiness Engineer“.

Ein Ingenieur, der Glück produziert! So was hätte ich auch gerne auf meiner Visitenkarte stehen. Jeder Mensch hat, so steht es in der amerikanischen Verfassung, das Recht auf das Streben nach dem Glück. Aber andere wirklich glücklich zu machen, das ist schon eine wunderbare Berufung. Ich fühlte mich jedenfalls danach wie im siebten Himmel…


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