WikiLeaks und das Ende der Privatheit

Ich könnt mich derzeit kugeln vor Lachen über die Kommentare der Fernsehsender und Tageszeitungen zum Thema WikiLeaks. Die eine Hälfte glaubt, mit entsprechenden Gesetzen ließe sich das Leck stopfen, die anderen murmeln moralinsauer daher über Vertrauensverlust und Geheimnisverrat.

Kapiert hat offenbar keiner, was hier vorgeht: Es ist das Ende der Privatheit! Eigentlich ist das schon lange klar: In einer total vernetzten Welt gibt es keine Geheimnisse mehr. Ein Herrschaftssystem, das auf Geheimniskrämerei aufbaut, ist zum Tode verurteilt! „Information wants to be free“, haben die Urväter der Internet-Revolution gerufen. Man hat sie falsch verstanden. „Free“ heißt zwar auch „umsonst“ – es heißt aber auch „frei“.

Das meine ich nicht im Sinne eines politischen Manifests (auch wenn ich einen solchen sofort unterschrieben würde), sondern ganz nüchtern und technisch. Es ist einfach nicht mehr möglich, etwas geheim zu halten. Die Handlungsempfehlung daraus ist auch schon fast so alt, wie das Internet selbst: „Schreibe niemals etwas in eine Mail, was du nicht auch auf eine Postkarte schreiben würdest“, hieß es schon vor 20 Jahren, als das Internet aus seiner Kinderkrippe aufstand und seinen Siegeszug um die Welt antrat. Nur war der Satz nicht radikal genug formuliert. „Denke niemals etwas, das du nicht auch auf eine Postkarte schreiben würdest“, müsste er heute lauten.

Wir Alten können uns eine solche Welt nicht vorstellen – die Jungen schon. Aber wir werden uns ja auch bald verabschieden. Was wir denken, ist deshalb irrelevant. Unsere Kinder werden in einer ganz anderen Welt aufwachsen. Sie wird von einer schonungslosen Offenheit geprägt sein. Wird sie eine bessere Welt sein? Ich glaube nein. Aber sie wird eine andere sein.  Je schneller wir uns damit abfinden, desto besser.

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