Wohin steuet die Automobilbranche im Zeitalter von Digitaler Transformation und Künstlicher Intelligenz? Ein Weckruf

Natürlich wissen wir alle, wie das Autofahren morgen aussehen wird. Hollywood hat es uns ja schließlich gezeigt! Im Film „The Fifth Element“ fliegen Autos durch die Straßen und Polizeiwagen liefern sich haarsträubende Luftkämpfe mit dem Taxifahrer Bruce Willis.

Aber halt – nicht so schnell! Bis dahin werden wir alle noch ein gutes Stück Weges zurücklegen müssen.

Laut Capgemini hinken Automobilunternehmen bei der digitalen Transformation anderen Branchen hinterher.

Flexera, ein Anbieter von IT-Managementlösungen, behauptet in ihrem neuen Und der ITAM-Bericht, dass nur 28 Prozent der Automobilunternehmen neue, auf digitalen Technologien basierende Geschäftsmodelle eingeführt haben. Gleichzeitig glauben nur 19 Prozent selbst, mit ihren digitalen Plattformen Kunden erreichen zu können, die ihnen mit traditionellen Ansätzen sonst durch die Lappen gegangen wären. Weniger als ein Drittel der Unternehmen verfügt nach eigenen Angaben über notwendige digitale Fähigkeiten, um die Digitale Transformation wuppen zu können.

Automobilhersteller tun sich laut dem Report besonders schwer bei der Nutzung digitaler Technologien im Erlebnisdesign.

  • Nur 40% nutzen soziale Medien, um ihr Wissen über Märkte und Kunden zu verbessern – global sind es 47%
  • 34% nutzen Kanäle und Apps für den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen – global sind es 43%.
  • Nur 28% ermöglichen ihren Kunden auf digitalem Weg Selbstbedienung – global sind es 46%.
  • Und nur 27% nutzen eingebettete Geräte, um ir Wissen über Märkte und Kunden zu verbessern – global sind es 39%. Dabei ist das Auto selbst doch das beste „eingebettete Gerät“, dass man sich überhaupt vorstellen kann.

Auch mit der Innovation ihrer Geschäftsmodelle tut sich die Automobilwirtschaft schwer.

  • Nur 28% haben neue Geschäftsbereiche auf der Grundlage digitaler Technologien eingeführt – global sind es 39%.

Dabei betrifft Digitale Transformation die Automobilwirtschaft an allen Ecken und Enden, im Einkauf und Vertrieb, in der Kundenbeziehung, im Sicherheitswesen.

Selbstfahrende Autos und Lkws sollen eine echet Revolution auf unseren Straßen auslösen, und KI wird uns sagen, wann ein Auto droht liegenzubleiben oder ein Fließband stillzustehen.

Noch am weitesten aber dürfte die Autobranche bei der Einführung von Digitaltechnologien und Künstlicher Intelligenz in der Fertigung sein – kein Wunder, ist das erste Automobil doch in Deutschland gebaut worden.

Ich habe als junger Reporter bei der Rhein-Neckar-Zeitung in Wiesloch gearbeitet, und dort ist man stolz darauf, das dort die erste Tankstelle der Welt steht.

Am 5.August 1888 nahm Berta Benz bekanntlich in Mannheim das frischkonstruierte dreirädrigen Benz-Patent-Motorwagen ihres Mannes und machte sich mit ihren beiden jungen Söhnen auf die allererste Fernfahrt zu ihrer Mutter ins 120 km entfernte Pforzheim. Irgendwann ging ihr das Benzin aus, also hielt sie in Wiesloch an und kaufte beim Stadtapotheker Johann Philipp Bronner ein paar Liter Ligroin, ein Leichtbenzin, das damals vor allem für Reinigungs- und Entfettungszwecke verwendet wurde.

Sie tuckerte anschließend fröhlich heim, wo ihr Mann ihr der Sage nach noch tagelang Vorwürfe machte – immerhin hatte sie sich ja auch des ersten Autodiebstahls der Geschichte schuldig gemacht – aber er verzieh ihr später.

Das Auto von Morgen wird in der Fabrik von Morgen entstehen. Wie die allerdings aussehen wird ist noch unklar. Als Laie stellt man sie sich wie eine glänzende Virtrinen vor, in der Menschen in Laborkitteln werkeln und Roboter die ganze Knochenarbeit machen. Falsch, sagt Peter Smith von TE Connectivity, einem schweizer Konzern mit amerikanischen Wurzeln. Die Fabrik von Morgen, glaubt er, wird genauso aussehen wie die von heute, nur wird sie mit Hundertausenden von Sensoren bestückt sein, die alle untereinander und mit zentralen Steuerungs- und KI-Systemen verbunden sein werden Sie bilden zusammen also ein allumfassendes und weitgehend autonomes Netzwerk – das so genannte Internet of Things, oder IoT.

Aber IoT selbst ist nur ein erster Schritt. Das Ziel heisst „Robotic Process Automation“, oder RPA. IoT-Sensoren liefern eine riesige Flut von Daten, aber um sinnvolle RPA-Anwendungen daraus zu schmieden, brauchen die Systeme lokale Intelligenz.

Zunehmend werden Sensoren, Mikroprozessoren und Funksender in einem einzigen Gerät kombiniert. Solche hochintegrierte Bauteile sind in der Lage, komplexe Rechenoperationen durchzuführen, ohne dass die Daten zuerst zu einem zentralen Server geschickt müssen und die daraus generierten Anweisungen auf dem gleichen Weg wieder zurück.

Die Intelligenz in solchen Netzwerken verlagert sich also immer mehr als die Peripherie. Fachleute sprechen deshalb von „edge computing“. Solche Rand-Systeme arbeiten schneller, weil der so genannte Latenzeffekt fehlt, der beim Übertragen von Daten auftritt. Selbst wenn die Verzögerung nur Millisekunden beträgt, hat das einen spürbaren Effekt auf die Leistung von Maschinen und Kontrollsysteme.

Das ist zum Beispiel beim Einsatz von VR und AR in der Produktion wichtig. Das Arbeiten mit so genannten Datenbrillen erfordert Latenzzeiten unterhalb von 5 ms, sonst stellt sich bei den Trägern ein Schwindelgefühl ein. Die Gleichgewichtsorgane in den Ohren und die Informationen der Augen stimmen nicht exakt überein. Im schlimmsten Fall können Fehler entstehen, die es zu natürlich zu vermeiden gilt.

Damit sich die Industrieproduktion autonom organisieren und flexibel reagieren kann – darum geht es ja im Grunde beim Stichwort „Industrie 4.0“ – werden riesige Datenmengen benötigt. Doch leider setzen die meisten Unternehmen nicht nur, aber auch in der Automobilwirtschaft diese Daten noch nicht sinnvoll ein.

„Im Durchschnitt bleiben zwischen 60 und 73 Prozent aller Daten innerhalb eines Unternehmens für Analysen ungenutzt“, behauptet Mike Gualtieri, Principal Analyst von Forrester, ein Marktforschungsinstitut.

Das kostet die deutsche Wirtschaft Jahr für Jahr Milliarden in Form von entgangenen Einnahmen, geringerer Effizienz und Produktivität sowie vermeidbaren Qualitätsproblemen.

Das liegt oft an der fehlenden Kapazität gerade kleiner und mittlerer Unternehmen, große Datenmengen verarbeiten zu können. Dabei gibt es längst Systeme im Markt, die solche Aufgaben sogar recht kostengünstig erledigen können. Das bekannteste dürfte Apache Hadoop sein, eine verteilte Big-Data-Plattform, die von Google entwickelt und 2008 an die Apache Software Foundation, einer Stiftung, übergeben wurde Sie fungiert als eine ehrenamtliche Open-Source-Organisation, die unter anderem auch den Apache-Webserver betreut, einer der meistverwendeten Webserver der Welt.

Bei Hadoop handelt es sich um eine verteilte Softwarearchitektur, die in der Lage ist, Rechenaufgaben parallel auf mehrere Computer, sogenannten Clustern, zu verteilen und deshalb extrem große Datenmengen bis zu mehreren Petabytes sehr performant zu verarbeiten. Hadoop-basierte Lösungen für Unternehmen werden von mehreren Herstellern angeboten, wie zum Beispiel Cloudera, MapR, oder Hortonworks, die auch bei der Implementierung helfen können. Spark ist ein ähnliches Produkt, das ebenfalls in der Obhut der Apache Foundation liegt und über Funktionsbibliotheken verfügt, die typischen Machine-Learning-Algorithmen bereitstellen.

Solche Computersysteme, die autonom, also selbstgesteuert Strukturen und Muster in großen Datenmengen identifizieren können, erlauben es Unternehmen, Trends und Anomalien zu erkennen – und zwar in Echtzeit, also während des Produktionsbetriebs. Das kann man sich wie eine Kristallkugel vorstellen, mit deren Hilfe man in die Zukunft blicken kann.

Man sagt ja, ein geübter Maschinist kann schon vom Maschinengeräusch her erkennen, ob etwas damit nicht stimmt. Diese Fähigkeit nutzt das junge israelische Unternehmen 3d Signals, indem es die akustischen Signale auswertet, die eine Maschine produziert. Ihr System, Predisound genannt, besteht aus einer Vielzahl von Ultraschallsensoren, die an der zu überwachenden Maschine installiert werden und die leichte Variationen im Tonmuster erkennen können. Dank Maschinenlernen ist das System über Zeit immer besser in der Lage, zu sagen, ob ein Misston einen Ausfall signalisiert oder nicht. Der Wartungsingenieur wird rechtzeitig alarmiert und kann den Schaden beheben, bevor er auftritt. Feste Wartungsintervalle sind deshalb überflüssig.

BMW sieht in der Künstlichen Intelligenz die Möglichkeit, Produktivität und Effizienz in ihren Montagewerken zu verbessern. Der Automobilhersteller setzt die Technologie für eine Vielzahl von qualitätsbezogenen Anwendungen ein, wie zum Beispiel Fehlerprüfung und Inspektionsaufgaben mit Hilfe der automatischen Bilderkennung und Bildmarkierung.

Im Rahmen eines Pilotprojekts mit smarten Algorithmen will der bayerische Hersteller die Qualität in der Lackiererei steigern. ensoren sollen Daten für die automatische Oberflächeninspektion sammeln.

BMW will nach und nach die heute noch fest installierten Kameraportale in der Fertigung durch KI-basierte Anwendungen komplett ersetzen.

Dass nicht nur Riesenkonzerne wie BMW erfolgreich auf Digitalisierung und KI setzen können, zeigt die Dürr Group im schwäbischen Bietigheim-Bissingen. Sie wurde 1896 als Bauflaschnerei gegründet und ist heute einer der „Hidden Champions“ und ein Weltmarktführer in der Lackiertechnik. Das Traditionsunternehmen hat sich für eine Strategie entschieden, die sie digital@DÜRR nennen und einen Algorithmus namens EcoScreen entwickelt, die in Millisekunden alle Roboter- und Prozessdaten exakt auswertet, um selbst kleinste Abweichungen in Echtzeit zu erkennen. Die Mitarbeiter können der Fehlerursache auf den Grund gehen, noch bevor die Karosserie überhaupt die Lackierkabine verlässt

Was wir aus alledem lernen ist, dass Daten in der Automobilbranche, wie überall sonst, das neue Erdöl sind. Aber in der Vergangenheit dominierten im Automobilbau die Maschineningenieure, und Deutschland ist ja auch zuz Recht stolz auf seine lange Ingenieurstradition und auf solche Namen wie Gottlieb Daimler, Karl Benz, Robert Bosch, Rudolf Diesel, Carl von Linde, Hermann Appel, Karl Friedrich Wilhelm Borgwald, Josef Ganz oder Werner von Siemens.

Aber um solche riesigen Datenmengen zu bewältigen, brauchen wir eine andere Sorte Ingenieure, nämlich Softwareingenieure. Und die sind leider auch in der Automobilbranche Mangelware. Dazu kommt, dass sich Maschineningenieure und Softwareingenieure in der Regel nicht besonders gut verstehen, weil sie schließlich ja auch ganz andere Sprachen sprechen. Dieses Problem, landläufig als „War for Talents“ bezeichnet, wird die Automobilindustrie in den kommenden Jahren ständig begleiten, und es wird viel davon abhängen, wie sie damit umgeht und wie sie es löst.

Was uns zum nächsten großen Thema der nächsten Jahre bringt: Autonome Fahrzeuge. Selbstfahrende Fahrzeuge sind Roboter; in der Lage, das Fahrzeug ohne oder mit nur geringem menschlichen Eingriff selbst zu steuern. Mit Hilfe von Algorithmen kann ein fortschrittliches Fahrerassistenzsystem kombinierte Sensordaten und HD-Karten in Echtzeit nutzen, um sowohl für den Fahrer als auch für die Insassen des Fahrzeugs ein sicheres und angenehmes Erlebnis bieten. Oder jedenfalls wollen wir das alle hoffen.

Spätestens seit ein Uber-Fahrzeug im März 2018 in Arizona eine Passantin überfahren hat, wird in der breiten Öffentlichkeit, aber vor allem unter Versicherern die Frage diskutiert: Wer soll für das Handeln einer Maschine die Verantwortung tragen?

Und um die Sache noch komplizierter zu machen: Wer soll für einen selbstlernenden Algorithmus haften? Denkbare Kandidaten wären der Programmierer oder der Hersteller des Programms, aber auch der Hersteller des Autos oder sein Besitzer. Oder sollen wir das alles als ein Fall von höherer, nämlich digitaler Gewalt betrachten?

Keine Frage: autonome Fahrzeuge werden immer häufiger gezwungen sein, über Leben und Tod von Menschen zu entscheiden.

Im Grunde ist das keine ganz neue Frage. In einem moralphilosophischen Gedankenexperiment, dass sie das Trolley-Problem nannte, versuchte die britische Philosophin Phillipa Foot schon 1967 zu beweisen, dass auch Maschinen in der Lage sind, ethischen Entscheidungen zu treffen, und dass man sie auch daran messen sollte.

Der Name leitet sich vom englischen Ausdruck für Straßenbahn – trolley – ab.  Foot schrieb: „Eine Straßenbahn ist außer Kontrolle geraten und droht, fünf Personen zu überrollen. Durch Umstellen einer Weiche kann die Straßenbahn auf ein anderes Gleis umgeleitet werden. Unglücklicherweise befindet sich dort eine weitere Person. Darf (durch Umlegen der Weiche) der Tod einer Person in Kauf genommen werden, um das Leben von fünf Personen zu retten?

Ich habe vor ein paar Jahren eine bezaubernde, wenn auch etwas schräge Philosophieprofessorin namens Janina Loh in Wien bei einer Podiumsdiskussion kennengelernt, und dort wurde auch die Frage nach einer eingebauten Ethik in selbstfahrenden Automobilen gestellt. Sie lachte lauthals los und meinte dann: „Welche Ethik hätten‘s denn gerne – es gibt ja so viele!“

Wir haben einen wunderbaren Abend beim Heurigen damit verbracht, Auto zu konstruieren, die nach dem Regeln unterschiedlicher Philosophieschulen funktionieren sollten. Wir haben ziemlich viel Wein getrunken, und ich kann mich deshalb nur an drei erinnern.

Der Bentham-Bentley würde sich an der vor allem in Amerika populären Utilitarismus-Schule, auch Nützlichkeits-Philosophie genannt, die der britische Sozialreformer Jeremy Bentham im 19ten Jahrhundert ersann und die davon ausgeht, dass alles gut ist, was „das größte Glück für die größte Anzahl Menschen “ hervorbringt. Der Bentham-Bentley würde die Entscheidung, wen er töten soll, blitzschnell treffen, vorausgesetzt er verfügt über en ausreichend schnellen Zugang zum Internet verfügt, indem er den potenziellen künftigen Nutzen abwägen würde, die die betreffende Person in Zukunft für die Gesellschaft darstellt. Also: Altes Mütterchen – nein. Kind im Kinderwagen – ja: Er könnte ja der nächste Einstein  sein.

Ein Kant-Chrysler hingegen würde nach der deontologischen, oder Pflichtethik Immanuel Kants entscheiden, nach der das Menschenleben das höchste Gut ist. Darauf basiert übrigens auch unsere Verfassung, die in Artikel 1 sagt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Der Kant-Chrsyler würde also vermutlich gar nicht entscheiden, weil jede Entscheidung unmoralisch wäre. Er würde einfach geradeaus fahren und dem Schicksal die Entscheidung überlassen.

Für welche Ethik wir uns am Ende auch entscheiden, wir müssen diese „digitale Ethik“ aktiv und aggressiv kommunizieren – in unseren Schulen und Hochschulen, in den Ausbildungsstätten und vor allem in unseren Unternehmen, wo es in jedem Betrieb in Zukunft einen „Ethik-Beauftragten“ geben sollte, so wie heute der Datenschutzbeauftragte selbstverständlich ist.

Es ist viel über das Für und Wider autonomer Fahrzeuge diskutiert worden, also möchte ich mich hier kurz fassen und sagen, was ich glaube.

Ich glaube, dass es sehr viel länger dauern wird, als die meisten denken, bis ein Auto seinen menschlichen Fahrer komplett ablösen und auf den Rücksitz verbannen kann.

Ich glaube aber fest daran, dass wir demnächst überall auf der Welt selbstfahrende Lastwagen sehen werden, denn diese Technologie gibt es schon, und sie hat sich bereits bewährt – allerdings nur auf der Langstrecke. Aber vom Warenlager in Hamburg bis zu einer Verteilstation am Stadtrand von München würden solche Fahrzeuge sehr viel Nutzen stiften, zumal alle klagen, dass es keine Lastwagenfahrer mehr gibt.

Das gleiche gilt für selbstfahrende Busse in den Fußgängerzonen, was ja auch schon längst funktioniert. Und auch autonome Frachtschiffe sind keine Zukunftsmusik mehr. Also sollten wir uns vielleicht für die nächste Zukunft lieber auf solche Anwendungen konzentrieren und weiterhin unsere Autos selbst steuern. Meine Meinung…

Was Autos angeht, halte ich neue Geschäftsmodelle wie Shared Mobility für erheblich vielversprechender. Beim so genannten Ride-Sharing wird ja ein Verkehrsmittel wie Auto oder Fahrrad je nach Bedarf unter den Nutzern geteilt, was zu weniger Umweltbelastung und Straßenverstopfung beiträgt.

Cloud-basierte Anwendungen, die auf gemeinsam genutzten Mobilitätslösungen basieren, können per Live-Navigation mit aktuellen Verkehrsinformationen oder alternativen Routen gesteuert werden und Routen mit dem geringsten Verkehrsaufkommen zusammen mit der geschätzten Ankunftszeit anzeigen. Außerdem wird es bald Algorithmen für Fahrdienstleister wie Uber oder Lyft geben, die den Fahrer alarmiert, der dem Kunden am nächsten ist, was Leerlauf- und  Wartezeit verringern kann.

Moderne Autos sind nichts weniger wie Supercomputer – oder wie ein iPhone auf Rädern. Sie erzeugen Unmengen von Daten aus denen sich Echtzeitwarnungen und  Informationen über Dinge ableiten lassen wie Reifendruck, GPS, Temperatur und vieles mehr. Diese Daten können während der Laufzeit in der Cloud gespeichert und später für Telematik, Infotainmentsysteme oder Fahrzeugzustandsanzeigen, fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme (ADAS) und Mobilitätsdienste verwendet werden.

Auch Software-Updates lassen sich bereits heute drahtlos per Internet direkt ins Auto liefern – kein Werkstattbesuch mehr nötig!

Das geht so weit, dass sich beispielsweise der Chef von TÜV-Süd, mit dem ich vor einiger Zeit darüber gesprochen habe, eine Welt vorstellen kann, in der die Autohersteller so viele Daten über ihre Fahrzeuge sammeln können, dass sie in der Lage seinw erden, deren Verkehrstüchtigkeit zu bescheinigen. Und wo bleibt da der TÜV? Ein mehr als 120 Jahre altes Geschäftsmodell könnte über Nacht verschwinden!

Vor allem aber könnte so ein vernetztes Fahrzeug tiefergehende Kundeneinblicke liefern. Die so gewonnen Daten könnten dabei helfen, Trends für die Fertigung, die Lieferkette, das Marketing, die prädiktive QS und das Kundenverhalten abzuleiten.

Das Auto von Morgen wird aber auch als Zahlungsmittel dienen, quasia als fahrende Geldbörse: Bei vernetzten Fahrzeugen können Zahlungsmethoden direkt ins Auto integriert werden. Fahrer bezahlen Mobilitätsdienste direkt dort, wo sie sie benötigen, zum Beispiel zum Freischalten von Funktionalitäten nach dem Pay-per-Use-Prinzip oder beim Tanken, Parken oder bei Drive-in Services.

BMW, Ford und drei andere haben bereits Blockchain-basierte bargeldlose Zahlungssysteme vorgestellt. Die Idee ist, selbstzahlende Autos zu ermöglichen, die es Fahrern erlauben, automatisch für Parkplätze, Autobahngebühren, Benzin und andere Einkäufe zu bezahlen, ohne Karten oder Bargeld benutzen zu müssen.

Aber damit noch lange nicht genug! Shopping by car lautet das neue Schlagwort – und das alles ohne aussteigen zu müssen!

Der durchschnittliche Amerikaner verbringt etwa 46 Minuten pro Tag in seinem Fahrzeug. Laut Mark Lloyd, Consumer Online Officer für General Motors OnStar, sind Arbeit und Zuhause in der Regel die wichtigsten Ziele, die wir in diesen 46 Minuten erreichen wollen. Und das zweitwichtigste Ziel? Händler.

Während dieser 46 täglichen Minuten, so Lloyd, besuchen wir meistens dieselben Orte. Nur 5 % der Zeit nutzen wir die Navigation, was bedeutet, dass wir einen neuen Ort aufsuchen wollen.

Darin liegt eine Riesenchance für Einzelhändler. Sie können Autofahrer direkt ansprechen, bevor sie das Geschäft erreichen oder bevor sie überhaupt wissen, dass sie zum Geschäft fahren wollen.  Und sie bieten auch die Möglichkeit, dem Fahrer neue Einkaufserlebnisse als Service zu bieten.

Wie könnte das aussehen? Schauen wir uns ein paar typische Beispiel an.

  • Ihr Auto erkennt, dass der Tank leer ist, aber anstatt einfach eine Anzeige auf Ihrem Armaturenbrett aufleuchten zu lassen, leitet Sie Ihr Auto direkt zur nächsten Tankstelle. Da Sie Ihre Zahlungsinformationen gespeichert haben, wird die Zapfsäule automatisch aktiviert, sobald Sie vorfahren, und Ihr Konto wird automatisch mit dem Benzinbetrag belastet. In den USA hat Shell bereits angekündigt, solche „payment via dashboard“ zu ermöglichen.
  • Kaffee holen. Jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit halten Sie an ihrem Lieblingscafé an und holen sich für die Fahrt einen Kaffee. Ihr Auto erkennt anhand von Kontextinformationen wie Ihrer Route und der Tageszeit, dass Sie wieder auf dem Weg zur Arbeit sind, und gibt Ihnen Empfehlungen, was Sie bestellen könnten.  Normalerweise nehmen Sie einen heißen Kaffee, aber heute ist es draußen besonders warm, also schlägt es Ihnen stattdessen einen Eiskaffee vor. Sie wählen aus, und die Bestellung wird gleich aufgegeben.
  • Windeln kaufen. Sie sind ein vielbeschäftigtes Elternteil und führen Ihre Einkaufsliste auf Ihrem Smartphone. Der synchronisiert die Einkaufsliste mit Ihrem Auto, und das erinnert Sie auf dem Heimweg von der Arbeit daran, dass Sie Windeln benötigen. Sie geben die Bestellung direkt von Ihrem Auto aus auf, und ein Mitarbeiter in der Filiale erhält eine Benachrichtigung, um Ihre Bestellung auszuführen. Wenn Sie ankommen, wird der Mitarbeiter benachrichtigt und bringt die Bestellung zur Abholung an den Straßenrand.

Natürlich sorgt das vernetzte Auto auch für neue Probleme. Tesla machte neulich Schlagzeilen, weil chinesische Behörden Fahrzeuge der Luxusmarke aus der Nähe von Militäranlagen verbannt haben. Die Dutzende von Kameras könnten für Spionagezwecke eingesetzt werden.

Aber nicht nur die Chinesen machen sich Sorgen: Der Sicherheitsbeauftragte der Berliner Polizei kündigte im Juni an, dass Tesla-Auto künftig nicht mehr auf den Grundstücken der Behörde fahren oder parken dürfen – etwa, wenn Sie mal schnell einen Behördengang erledigen wollen.

Ganz offensichtlich wird sich die Automobilindustrie viel mehr als bisher um das Thema Cybersicherheit kümmern müssen.

Autofirmen konsolidieren sich entweder zu riesigen Konglomeraten wie Stellantis oder schrumpfen und konzentrieren sich wie Mercedes. Vieles davon ist auf die enorme Umstellung auf Elektrofahrzeuge zurückzuführen und darauf, dass Autos im Grunde zu rollenden Computern werden. Der neue CEO von Mercedes-Benz, Ola Källenius, spricht oft von Autos als „digitale Produkte“ – und von Mercedes selbst als einem Technologieunternehmen. (Eigentlich sagt er, es sei ein Luxus- und Technologieunternehmen.)

Ein grundlegendes Hindernis für die Einführung von Elektrofahrzeugen ist das Vertrauen der Verbraucher in die Verfügbarkeit von öffentlichen Ladestationen – ein wichtiger Faktor für die Elektromobilität.

Manche Wissenschaftler argumentieren, dass zentrale öffentliche Investitionen in die E-Fahrzeug-Infrastruktur langfristig sinnlos wären, weil die Verbraucher zunehmend Zugang zum Laden zu Hause haben werden. Andere behaupten, dass öffentliche Ausgaben für E-Fahrzeug-Infrastruktur „verschwenderisch“ seien, da sie in eine Infrastruktur fließen würden, die ohnehin vom privaten Sektor gebaut werden wird.

Es gibt allerdings keine Belege dafür, dass privat betriebene Ladestationen in der Publikumsgunst besser abschneiden als öffentlich betriebene oder verwaltete, z. B. Regierungs- oder Gemeindegebäude, öffentliche Bibliotheken, Rastplätze und öffentliche Parks.

Bleibt aber die Preisfrage: Werden die Leute für all das, was die Digitale Transformation ihnen bietet, auch bezahlen wollen? Hier sind Zweifel angebracht. Laut der Deloitte Global Automotive Study sind zwischen zwei Drittel und drei Viertel aller befragten Verbraucher nicht bereit, mehr als $500, also rund €400, für neue Technologien in ihren Autos zu bezahlen. Dieser Unwillen ist komischerweise besonders in Deutschland stark ausgeprägt – angeblich dem Autoland Nummer eines auf der Welt. Koreaner, Chinesen und Inder sind viel eher bereit, viel tiefer in die Tasche zu greifen um das Auto von morgen zu erwerben.

Wir haben heute mit einem Weckruf begonnen. Digitalisierung, Konnektivität, Mobilität und künstliche Intelligenz verändern die Welt auf mehr Arten und viel schneller, als sich irgendjemand noch vor kurzem hätte vorstellen können. Mein Freund, der Futurist Gerd Leonhard, behauptet in seinem Buch „Technology vs Humanity„, dass sich die Menschheit in den nächsten 20 Jahren mehr verändern wird als in den 300 Jahren zuvor.

Die Frage, die Sie sich stellen sollten, lautet also nicht: „Wird es zu Veränderungen kommen?“ Sondern: „Bist du bereit?“

Aber ob wir es wollen oder nicht, Veränderung wird kommen. Alles, was wir theoretisch tun könnten, wäre ihn aufzuhalten – zumindest für eine kleine Weile.

Aber das ist keine gute Idee – nicht für Sie, nicht für Ihr Unternehmen, nicht für die Gesellschaft – und ganz sicher nicht für die Automobilwirtschaft – von der wir alle leben.

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