Zum Teufel mit dem Waldkautz!

Wenn wir den Klimawandel stoppen wollen, müssen wir uns vorher leider von ein paar grünen Grundideen verabschieden. Es gibt nämlich nur einen Weg, die globale Erwärmung zu bremsen, nämlich weniger Treibhausgase produzieren. Alles andere ist Nebensache.

Folgt man dieser Logik, dann sind die  LOHAS der größte Feind der Umwelt. Sie wissen ja: die Anhänger einer „Lifestyle of Health and Sustainability“, also die demografische Gruppe, die gerne organisch produzierte Bio-Produkte kauft, Hybridautos fährt, in Drittweltläden einkauft, sauber ihren Müll trennet und homäopathische Pillen schluckt. Früher sagte man abschätzig „Gutmenchen“, aber das ist unfair, denn diese Leute handeln tatsächlich aus einem oftmals recht vagen, aber echten Geühl der Verantwortung heraus. Sie drehen die alten Glühbirnen raus und ersetzen sie durch Energiesparlampen, weil sie wirklich glauben, damit etwas gegen die Klimakatastrophe zu tun. Sie bilden die Kernzielgrupppe der Bioindustrie und die Stammwählerschaft der Grünen.

Leider sind sie auf dem Holzweg.

Das gleiche gilt für die Atomgegner, die Anhänger genfreier Lebensmittel und die Naturschützer. Zum Teufel mit dem Waldkautz: Wir haben viel ernstere Probleme! Unser Planet ist dabei, sich wie ein Bratapfel aufzuheizen! Der Golfstrom droht zu kippen, und dann gute Nacht Europa! Unser Wetter spielt demnächst vielleicht so verrückt, dass wir uns nicht mehr vor die Tür trauen können! Falls wir überhaupt noch eine Tür haben, weil sie nämlich von irgendwelchen Mega-Hurricans weggepustet worden ist, und wir gleich mit dazu.

„Der Krieg gegen Treibhausgase ist viel zu wichtig, um ihn den Umweltschützern zu überlassen“, schrieb die amerikanische Kultzeitschrift „Wired“ in ihrer jüngsten Ausgabe. Hauptargument der Autoren: Die Umweltbewegung kämpft an zu vielen Fronten, die meisten davon Nebenschauplätze. Wir müssen uns endlich auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich die Aufheizung der Erde durch carbonhaltige Abgase.

Der Artikel besteht aus zehn ketzerischen Thesen, die in offenem Wiederspruch stehen zu einigen der Grundpfeiler grüner Glaubensbekenntnisse. Ein Beispiel: Atomkraft. „Keine Frage, dass Atomernergie die klimafreundlichste Form der industriellen Energiegewinnung ist“, schreibt das Blatt. Und sie haben recht: Alle Einwände gegen Atomstrom – Angst vor Reaktorunfällen, das Problem nuklearerer Abfallbeseitigung, das Potenzial für die unkontrollierte Ausbreitung von Atomwaffen, die hohen Kosten für Bau und Stillegung der Meiler – haben alle nichts mit der Erderwärmung zu tun. Watt für Watt produziert ein Kohlekraftwerk natürlich hundertmal mehr CO2 als ein Atomkraftwerk. Weltweit ist die Energiegewinnung, so Wired, für rund 26 Prozent der Treibhausgase zuständig. So gesehen haben die Autoren recht wenn sie schreiben, das schlimmste am Kyoto-Protokoll sei die unter dem Druck der Grünen zustandegekommene Bestimmung, wonach Drittweltstaaten keine Kohlenstoff-Gutschriften bekommen, wenn sie Atomkraftwerke bauen, was sie zwingt, auf abgasschleundernde Kohle- oder Ölkraftwerke zu setzen.

Auch die These, wonach die Europäer endlich ihren bornierten Widerstand gegen genetisch veränderte Lebensmittel aufgeben müssen, macht Sinn, wenn man sie vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung betrachtet. Gentechnisch optimierte Pflanzen brauchen weniger Düngemittel, und Kunstdünger ist zweifellos eines der größten Klimakiller überhaupt. Laut Greenpeace ist die Herstellung von Stickstoffdünger energieintensiv und verursacht hohe CO2-Emissionen, nämlich zwischen 300 und 600 Millionen Tonnen CO2e im Jahr – zwischen 0,6 und 1,2 Prozent der gesamten weltweiten Treibhausgase. Die US-Firma Arcadia Biosciences hat angeblich eine Reissorte entwickelt, die ohne Kunstdünger auskommt und deren Anbau umgerechnet etwa 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid sparen würde. Auch hier haben sämtliche Argumente gegen „Frankenfood“ wie Abhängigkeit der Bauern von teuren Importen von Saatgut und den assozierten Pestiziden, sinkende Biodiversität, unbeabsichtigte Freisetzung nicht zugelassener Nutzpflanzen oder mögliche Gesundheitsrisiken alle nichts mit der globalen Erwärmung zu tun – das eigentliche Thema Nummer eins.

Einihe der Thesen sind so kontraintuitiv, dass der unbedarfte Leser sie zunächst für ausgemachten Blödsinn halten muss. Zum Beispiel, dass Klimaanlagen gut sind für das Klima.

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